David von Oheimb's Photo Gallery:
Klagenfurt, Karawanken und der Wörthersee,
Kärnten, Austria, 11-14 Jun 2007

Wie ich mich durch eine Reise nach Kärnten in die Gegend regelrecht verliebt habe.
Ich weiß, mein Bericht ist viel zu ausführlich geworden - bitte einfach ignorieren ;-)

Diese Fahrt hat ihren Ursprung darin, dass mir im Sekretariat ein Stapel mit Einladungen zur Teilnahme an einer deutschsprachigen IT Security Tagung ins Auge fällt, die mein Chef dort ausgelegt hat, weil er im Programmkomitee dieser Veranstaltung ist. Er selbst findet das Niveau zwar nicht so besonders, aber nachdem mir einige Punkte im Vortragsprogramm recht interessant erscheinen, will er mich nicht davon abhalten, mir selbst ein Bild zu machen, im Gegenteil, findet eine unabhängige Meinung dazu auch für ihn ein gutes Feedback. Nachdem ich dieses Geschäftsjahr eh noch keine Fortbildung hatte und mir Klagenfurt in Österreich ein nettes Reiseziel zu sein scheint, melde ich mich an.

Meist versuche ich, Dienstreisen mit einem privaten Aufenthalt zu verbinden, um die Gegend des Reiseziels zu erkunden oder auf dem Weg z.B. in die Berge zu gehen. Ich stelle fest, dass Klagenfurt am Wörthersee liegt, von dem mir bislang nur der Name geläufig ist, dass südlich davon an der Grenze zu Slowenien der Gebirgszug der Karawanken verläuft, der gelegentlich im Bergwetterbericht des Innsbrucker Wetterdienstes erwähnt wird, und dass der Hochstuhl mit 2236m dort die höchste Erhebung ist. Weil ich gerade mal wieder beruflich und privat viel um die Ohren habe, mache ich sonst keine weitere Planung und buche mein Hotel erst ein paar Tage vorher. Ich muss etwas herumtelefonieren, weil die nächstgelegenen empfohlenen Häuser aufgrund der Tagung schon voll belegt sind, aber im Weidenhof, der mir auf dem Foto unsympathisch amerikanisch erscheint und zudem ein wenig abseits (mit etwa 30 Minuten Gehzeit zum Veranstaltungsort in der Universität) am Südostufer des Sees liegt, bekomme ich noch ein Zimmer.

Nachdem auch noch das Wetter zwar warm, aber unbeständig werden soll und ich insgesamt wenig Zeit habe, nehme ich bewusst keine Bergausrüstung mit (und nicht einmal eine Jacke, für die es in meinem Minimalgepäck, nämlich ein kleiner Rucksack und eine Laptop-Tasche eng geworden wäre), und fahre ich erst mit dem letzten durchgehenden Zug, der am Vorabend gegen 18:20 Uhr ankommt. Der braucht zwar fünf Stunden, aber im Gegensatz zum Autofahren kann ich die Zeit im Zug gut zum Lesen und/oder Entspannen nutzen. Ich wäre auch gern geflogen, weil ich mit Vorliebe Landschaften von oben ansehe und die Strecke in dem Fall fast ständig über die Alpen führt, aber es lohnt sich auf die kurze Entfernung vor Allem organisatorisch nicht: keine Flexibilität beim Reisetermin und großer Zeitaufwand ab der Haustür gerechnet, bis der Flieger endlich in die Luft geht.





In Klagenfurt angekommen, ist das Wetter recht sonnig, und so beschließe ich vor dem Weg ins Hotel erst mal einen kleinen Spaziergang in den Stadtkern zu machen, zumal ich sonst später dafür kaum Gelegenheit haben werde. Die architektonisch reich verzierten Häuser (Jugendstil) gefallen mir sehr, und auch sonst ist mir das gemütlich-heitere Flair der kleinen Hauptstadt Kärntens sehr sympathisch. Schon bereue ich, dass ich nicht zumindest meine kleine, ältere Digicam mitgenommen habe, aber zur Not tut es auch die ins Handy eingebaute 2-Megapixel-Kamera, bei der man immerhin die Belichtung korrigieren kann, was gerade für Abend- und Morgenstimmungen wichtig ist. Nur das optischen Zoom und den Polfilter vermisse ich wirklich, und teilweise auch die superkurze Auslöseverzögerung und das klare Sucherbild meiner digitalen Spiegelreflex. Der Neue Platz wird gerade umgebaut, aber von ein paar Straßen weiter lockt mich Musik an. Das Ganze entpuppt sich als Promotion-Veranstaltung für Klagenfurt als eine der Austragungsorte der Fußball-EM in knapp einem Jahr. Auf einer eigens aufgestellten kleinen Musikbühne singt und spielen ältere Teenies einer örtliche Schülerband (inklusive dreier Saxophonistinnen!) bekannte Hits hauptsächlich der letzten 20 Jahre. Das finde ich so putzig, dass ich zum Zuhören und -Schauen bleibe. Das Lied der Klaus Lage Band "1000mal berührt" singt der Bursche, der die Hauptstimme übernommen hat, so teilnahmslos herunter, dass ich den Verdacht hege, dass er das Stück wohl zum 1003. Mal singt, oder was mir noch plausibler erscheint, er selbst bislang höchstens 999mal (s)ein Mädchen berührt hat. Ich habe Durst und lasse mir am benachbarten Stand einen Softdrink geben, doch als ich den Geldbeutel zücke, sagt mir die junge Bedienung, dass das heute gratis ist! Das Spektakel geht bald schon seinem Ende entgegen, und ich will mir noch einen kleinen Happen reinschieben, bevor ich einen Bus möglichst nahe Richtung Hotel nehme - die knapp 6 km zu laufen, wird mir doch zu lang, und die Kosten für ein Taxi möchte ich meinem Arbeitgeber ersparen. Der Typ am Dönerstand ist sehr höflich, sehr freundlich auch der Busfahrer, der mich auch über den verbleibenden Fußweg zum Hotel informiert, und ebenso die Damen an der Hotelrezeption und im -Restaurant. Doch nix von wegen amerikanisch, sondern urig-herzliche Kärntner Gastfreundschaft. Um zur Uni zu kommen, bekomme ich im Hotel ein Leihfahrrad empfohlen, wofür von einer lokalen Firma im Raum Klagenfurt eine Menge Anmietstationen verteilt sind, unter Anderem vor unserem Hotel. Das Fahrrad bekomme ich durch einen von der Rezeptionistin entgegengebrachten Buchungstrick sehr günstig, und überhaupt wird sich das Fahrradleihen noch als Glücksgriff erweisen. Alle(s) einfach total nett und charmant hier!

Die Tagung ist inhaltlich sehr durchwachsen. Die meisten der Vorträge aus Akademia und Industrie haben höchstens Diplomarbeitsniveau. Das finde ich insofern beruhigend, als mir die recht hohen Stundensätze, die wir in unserer Abteilung von unseren Kunden verlangen (müssen), im Vergleich dann doch gerechtfertigt erscheinen. Aber ich kann die Zeit der weniger spannenden Vorträge durch den mitgebrachten Dienst-Laptop trotzdem gut nutzen, nämlich zur Bearbeitung dienstlicher und privater Mails. Dabei verliere ich aber auch nicht unbeträchtlich Zeit durch Herumbasteln an der WLAN- und Coroporate Intranet -Verbindung, die doch des öfteren klemmt. Nunja, früher hat man als Technikfreak an seinem Auto geschraubt, und heute ist es halt der Computer. Ein paar wenigen Vorträgen kann ich dann doch was abgewinnen, und eine Sicherheitslösung, die von einer Münchner Firma vorgestellt wurde, begeistert mich so sehr, dass ich die Leute bald mal in unsere Abteilung einladen möchte. Ich treffe auch ein paar Bekannte und lerne mehrere Leute neu kennen, was ich als ganz wichtigen Nebeneffekt einer solchen Veranstaltung sehe, und auch dass man einen Überblick bekommt, was die Community derzeit bewegt. Das Mittagessen ist ausgezeichnet, und ganz besonders das Abendessen, welches wir auf dem 30 Fahrminuten entfernten Magdalensberg kredenzt bekommen, von dem man normalerweise einen ganz tollen Rundblick hat, der heute aber leider durch Bewölkung zumindest stimmungsmäßig getrübt ist. Am Tisch habe ich zwei Kärntner Diplomanden und einen Doktoranden um mich. Wir unterhalten uns prächtig, ein echt liebenswertes Volk! Dabei erfahre ich unter Anderem, dass der sehr treffend und m.E. auch geschmackvoll "Lakeside" getaufte Industriepark neben der Uni sich großen Zuspruches erfreut und auch gute Kontakte zur Uni pflegt. Und auch dass sowohl die kleine Alpen-Adria-Universität wie auch die aus mehreren Standorten zusammengeschlossene Fachhochschule Kärnten im Informatik-Bereich sehr rege sind und gut miteinander kooperieren. Außerdem, dass es gelegentlich Reibereien mit der slowakisch sprechenden Minderheit im Land gibt (wusste gar nichts von dieser Minderheit) und dass bei den (jungen) Einheimischen das Bergsteigen nicht so hoch im Kurs steht, ganz im Gegensatz zum See im Sommer und Skifahren im Winter.

Mir hat es auch die Landschaft rings um Klagenfurt sehr angetan. Als sich herausstellt, dass das Wetter schon für die nächsten Tage heiß und weniger gewittrig werden soll und dass ich aufgrund der Terminlage in der Arbeit ohne Probleme noch einen Tag wegbleiben kann, hänge ich spontan noch einen Tag an (so ein flexibles Zugticket ist schon was höchst Praktisches)! Ich miete das Fahrrad noch für einen kompletten Zusatztag, und gleich nach Veranstaltungsende fahre ich damit in die Stadt, um mir eine Berg- und Fahrradkarte der Gegend zu besorgen. Ich will nämlich nun doch unbedingt den Hochstuhl besteigen und danach noch in den Wörthersee springen, wozu ich vor oder während der Tagung doch nicht gekommen war. Problem ist nur, dass ich weder Bergschuhe noch Wandersandalen dabei habe, also in meinen Halbschuhen bergsteigen muss. Aber ich weiß, dass es auf den Hochstuhl neben einem neuen Klettersteig auch einen normalen Bergpfad ohne nennenswerte Kraxelei gibt. Um Zeit und Übernachtungskosten zu sparen, bietet es sich an, am gleichen Abend noch gut 25 km ins Bärental bei Feistritz zu radeln und zur Klagenfurter Hütte (1664m) aufzusteigen. Den nur für die Arbeit benötigten Teil meines Gepäcks (Klamotten, Laptop mit Zubehör, Papierkram) kann ich netterweise in meinem Hotel deponieren. Zudem habe ich erfahren, dass ich das Fahrrad vor der Abfahrt nicht dort abgeben muss, sondern das auch an anderen Stellen, insbesondere in Bahnhofsnähe machen kann, so dass ich der Bus- oder Taxitransfer vom Hotel zum Bahnhof entfallen kann.





Als ich kurz nach 18 Uhr vom Hotel Richtung Südwesten losradle, sind bedrohliche Wolken aufgezogen, so dass ich es fast schon bereue, keine Plastiktüte für den empfindlicheren Inhalt meines Rucksacks (speziell zwei gebundene Bücher von John Eldredge) als Regenschutz mitgenommen zu haben. Aber zum Glück bleibt es trocken, und die Wolken nehmen sogar wieder ab. Nass werde ich eher von innen, weil es trotz der vorgerückten Tageszeit sehr schwül ist. Daher nichts wie runter mit dem T-Shirt (und erst bei Ankunft gegen 21:30 Uhr auf der Hütte werde ich es wieder anziehen). Unterwegs mache ich ein paar Fotos von den sich zum Teil schneeweiß auftürmenden Wolken, und von einer MiG-23, die ich im großen Hof eines Autoteilehändlers entdecke und vermutlich aus dem relativ nahen ehemaligen Jugoslawien hierher verschleppt worden ist. Sie erinnert mich an meine drei Monate Aktivurlaub (Grundwehrdienst bei der Luftwaffe), wo wir u.A. das Erkennen von Kampfflugzeugen russischer Bauart, die im NATO-Jargon so tolle Namen wie Flogger or Fulcrum haben, mehr oder weniger ernsthaft erlernt haben. Die Maschine hat schon mal bessere Zeiten gesehen; das Triebwerk fehlt, so dass man komplett innen durch den Rumpf durchsehen kann - eine spitze Röhre mit Stummelflügeln, wenn auch nicht ganz so krass wie z.B. der amerikanische Starfighter. Im Bärental radle ich zunächst hoch auf einen Parkplatz etwa auf halber Höhe zur Hütte. Auf dem gut ausgebauten Waldweg (leider mit so gut wie keinen Aussichtsmöglichkeiten) höre ich weiter oben, wo er nicht mehr geteert ist und nicht mehr dem Bach direkt folgt, nur noch das leise Knirschen des Schotters unter den Rädern, das Zwitschern von Vögeln und meine etwas kräftigere Atmung. Eigentlich wollte ich nur einen Teil hochradeln und dann zu Fuß weiter, aber nachdem der Weg auch weiter oben nicht so grob steinig ist wie unten angegeben und weniger steil als erwartet, radle ich einfach weiter auf dem Forstweg, welcher als als Mountainbike-Route ausgewiesen ist (und zwar m.E. übertriebenerweise als "schwere"). Das Rad ist zwar "nur" ein Trekkingrad mit eher schmalen Reifen, aber der erste Gang ist relativ stark untersetzt, so dass ich nur an steileren Stellen schieben muss. Dort überlege ich nochmal, das Rad abzustellen, aber sehe keinen wenig einsehbaren Platz dafür in der Nähe des Weges, und dann ist die Hütte auch schon bald erreicht. In der Gaststube treffe ich etwa sechs Leute etwa in meinem Alter aus Klagenfurt an, die hier einmal pro Woche nach der Arbeit auf die Hütte kommen und dann später wieder runtergehen bzw. mit Rädern -fahren. Ich darf mich am ausgezeichneten selbst gemachten Schinken beteiligen, und einer der Leute gibt mir einige Tipps zu den Berg-, Kletter- und Skitouren in ihren Hausbergen. Ich finde es echt super, dass man in den Bergen gleich mit allen per du ist und man sofort etwas hat, worüber man sich auf kameradschaftlicher Ebene unterhalten kann. Ich muss mich dann aber bald verabschieden, weil ich morgen ganz früh raus möchte. Nachdem ich der einzige Übernachtungsgast bin, kann ich mir das Lager frei wählen (und so laut schnarchen, wie ich "will").




Ich schlafe (wohl wegen der Höhe) nicht so fest, und mich um 4:30 Uhr mein Handy etwas unsanft, aber in gewisser Weise passend mit einem Ausschnitt aus dem Song "You take me higher". Ich bin sofort putzmunter und nach knapp zehn Minuten verlasse ich die Hütte gen Süden. Ich will spätestens um 5:05 Uhr am Grat oder auf dem sehr nahe am Sattel gelegenen Gipfel der Bielschitza (1959m) sein, um den Sonnenaufgang erleben zu können, der von der Hütte nicht sichtbar ist. Ich gehe die ca. 300 Höhenmeter sehr flott deswegen, und auch weil ich ja keine Jacke dabei habe und es so früh morgens zwar schon recht hell, aber natürlich noch ein wenig frisch ist. Mit meinen Halbschuhen komme ich zurecht, aber sonderlich bequem sind sie fürs Wandern nicht, und ich muss sehr aufpassen, nicht umzuknicken oder an steileren Stellen (ob der wenig profilbehafteten Sohle) auf kleinen Steinchen abzurutschen. Bald habe ich "Betriebstemperatur" erreicht und komme gerade noch rechtzeitig oben an, zumal die Sonne ein paar Minuten länger braucht als erwartet: sie musste erst eine flache Wolkenbank am Horizont durchsteigen. Auch sonst ist es in tiefen Lagen noch recht dunstig bzw. neblig-wolkig, aber in höheren Lagen schön klar. Weil sich nur ein minimales Lüftchen regt, lässt es sich auch am Gipfel bereits in den ersten Sonnenstrahlen gut ohne Jacke aushalten. Ich genieße die Aussicht und singe "Du großer Gott, wenn ich die Welt betrachte", wovon ich auch ein paar Zeilen zusammen mit einem kleinen Wetterlagebericht ins Gipfelbuch schreibe.












Bald darauf mache ich mich an den Übergang zum Hochstuhl, wozu man erst mal ca. 100 HM nach Süden (in slowenisches Gebiet) absteigen und nach Westen queren muss. Dabei sehe ich drei Gemsen direkt auf dem Weg, die sich aber wie üblich frühzeitig aus dem Staube machen, interessanterweise in verschiedene Richtungen. Die Sonne brennt selbst jetzt um 6 Uhr auf 2000 Metern Höhe schon so stark, dass ich mich ärgere, meine kurze Hose auf der Hütte gelassen zu haben, aber dann kommt mir die Idee, doch gleich nur in meiner halbwegs sportlichen, blaugrauen Unterhose zu gehen. Es ist ohnehin weit und breit kein Mensch, und die Gemsen, die mich sicherlich aus sicherer Entfernung beobachten, haben vermutlich andere Sorgen als sich über meinen komischen Aufzug, noch dazu mit Socken und Halbschuhen, aufzuregen. Der Bergfrühling treibt im wahrsten Sinne des Wortes schöne Blüten, was ich natürlich auch auf Silizium banne. Besonders toll finde ich, wie tief eine Biene in die Kelche einer Gruppe Enzian kriecht, nämlich so dass man fast nichts mehr von ihr sieht. Erst kürzlich habe ich in einem Dokumentarfilm gesehen, welch wichtige Aufgabe die Bienen da haben und wie trickreich dabei eine Selbstbestäubung vermieden wird. Echt genial, was der Schöpfer sich da ausgedacht - und implementiert - hat. Kurz nach sieben Uhr komme ich am Gipfel an. Über die nach Norden schroff abfallende Flanke fällt der Blick auf die Alm und Klagenfurter Hütte, wo der Wirt um diese Zeit aufstehen wollte. Auf der anderen Seite ziehen sich grasige Hänge eher gemächlich ins slowenische Flachland hinunter. Von Westen grüßt der felsige Stock der Julischen Alpen, und fern am nordwestlichen Horizont kann ich die Hohen Tauern mit dem Großglockner ausmachen, welcher mir (als mit seinen 3798m höchster Berg Österreichs) noch in meiner Gipfelsammlung fehlt. Ich wollte mit dem ins Handy eingebauten Radio mal Nachrichten hören, aber (deutschsprachige) österreichische Sender bekomme ich erst zu spät rein, und bin ansonsten erstaunt, wie viele slowenische und wohl auch italienische Programme es hier zu empfangen gibt. Nachdem ich aber kein mir auf die Dauer zusagendes Musikprogramm finde, schalte ich das Ding wieder aus. Dafür jaulen weit entfernt unten im Bärental zwei Motorsägen im Duett. Auf dem Rückweg zur Hütte kann ich es mir nicht verkneifen, an einem steilen Hang im Schotter "abzufahren", wobei ich das nicht mit vollem Galopp mache, weil ich meinen vor gut zwei Monaten beim Skifahren gebrochenen Knöchel noch etwas schonen möchte, aber vor Allem weil ich sonst noch mehr höchst unangenehm spitze Steine über die recht tiefen Schuhränder unter die Fußsohlen bekomme. Dass dabei die Halbschuhe kräftig einstauben, nehme ich in Kauf. Schon jetzt beginnen sich über und zwischen den Gipfeln neue Quellwolken zu bilden, so dass die Hütte im Schatten liegt und ich es auch aufgrund der verringerten Temperatur es für angebracht halte, mich wieder zivilisierter anzuziehen.




Auf der Hütte sammle ich die Dinge ein, die ich aus Gewichtsgründen im Matratzenlager zurückgelassen habe und lasse mir noch zwei Spiegeleier mit Speck und Milchkaffee kredenzen, bevor ich mich wieder aufs Fahrrad schwinge. Jetzt bin ich doch froh, das Rad bis zur Hütte mitgenommen zu haben, denn der Weg ins Tal ist damit viel flotter und gelenkschonender, und die Abfahrt geht auch viel angenehmer als erwartet: Durch die nur geringen Unebenheiten vermisse ich nicht wirklich eine Federung und selbst die schmalen Reifen geben relativ sicheren Halt. Zwischendurch begegnen mir die ersten Wanderer, die auf dem Weg nach oben sind, und trotz des durch mein Fahrradfahren extrem kurzen Moments der Begegnung grüßt man sich freundlich. Bei einem Ehepaar mittleren Alters kommt die Frau im cremefarbenen BH daher, wodurch ich mich in meinem höchst legeren Kleidungsstil bestätigt fühle. Das anhaltende Bremsen geht zwar etwas in die Finger, so dass ich die beiden Bremshebel am Lenker zuweilen abwechselnd benutze, um die Finger zu entlasten. Ich erinnere mich mit Grausen an eine Abfahrt mit geliehenen Mountainbikes von der Kühroint-Alm Richtung Königssee, wo es so steil und meine Bremshebel so kurz waren, dass ich immer wieder zwischendurch anhalten und die Hände ausschütteln musste, um es überhaupt auszuhalten, und wo bei Anderen zum Teil die Felgen so heiß wurden, dass die Schläuche platzten. In nur 40 Minuten bin ich wieder im Tal in Feistritz; es wird wieder warm und daher Zeit, sich wieder des Hemds und der langen Hose zu entledigen.




Nachdem mein Zug erst in sieben Stunden geht, ist mehr als genug Zeit, noch den Wörthersee mit dem Rad zu umrunden und dann erst in den See zu springen. Nachdem der direkte Weg nach Norden ans Seeufer durch eine Hügelkette versperrt ist, wende ich mich nach Westen und folge einem größtenteils gut beschilderten Radweg der Drau stromaufwärts. Obwohl es im Schnitt sogar leicht bergauf gehen muss und es windstill ist, kommt mir das Fahren so leicht vor, als ginge es leicht bergab. Linkerhand ziehen sich die Karawanken entlang, deren Spitzen den ganzen Tag in Quellwolken sind. Aber im Tal ist es praktisch wolkenlos und die Sonne brutzelt kräftig. Der Übergang von der Drau an die Westspitze des Wörthersees ist nicht gut ausgeschildert, aber praktischerweise umfasst meine Freytag&Berndt Karte auch dieses Gebiet, einschließlich des Sees. Trotzdem frage ich einmal eine ältere Einheimische nach dem besten Weg nach Velden, den sie mir auch sehr nett und präzise beschreibt. Inzwischen haben meine Füße in der Hitze fast zu kochen begonnen, deshalb kommen jetzt noch die Socken und Halbschuhe runter. Barfuß weiterzufahren ist deswegen kein großes Problem, weil kaum noch Steigungen zu erwarten sind und ich daher nicht mehr viel Kraft auf die Pedale brauche. Nachdem der Rucksack auf dem Gepäckträger schon voll ist, binde ich die Schuhe kurzerhand mit den Schnürsenkeln zusammen und lasse sie links und rechts am Gepäckträger hängen. Als ich später Bananen kaufe, finden sie aus Platzmangel, und auch im nicht zerdrückt zu werden, in den Schuhen Unterschlupf.








Velden am Wörthersee entpuppt sich als schmucker Kur- und Badeort. Als Ersatz für Mittagessen gönne ich mir an seiner malerischen Promenade eine etwas übervolle Eiswaffel, und gleich hinterher kommt noch ein Magnum neuster mit exotischem Namen versehener Kreation. Mit einem süßen Mädel im Arm wäre das hier sicherlich noch mal so schön. Weil das Wasser sehr einladend aussieht und ich noch genug Zeit habe, begebe ich mich gleich zum städtischen Bad mit großer Liegewiese, die um diese Zeit nicht sehr voll ist. An der Kassa (ja, so heißt das in Ösiland) nennt mir die Dame einen Preis, der in keinem guten Verhältnis zur geplanten "Länge" meines Aufenthalts von einer halben Stunde steht, aber als ich ihr meine Lage erkläre, bietet sie mir sofort eine Sonnenuntergangskarte für 1,50€ an - super! In Ermangelung einer Badehose muss wieder meine Unterhose herhalten. Daher verkneife ich es mir aber, mich länger zwischen Liegeplatz und Wasser im Sichtbereich der sich sonnenden Damen aufzuhalten. Für meinen kurzen Dip in den See kommt nun noch der elastische Kompressionsstrumpf runter, den ich noch trage, weil mein rechte Knöchel leider immer noch die Tendenz hat anzuschwellen. Sobald ich wieder in der Sonne einigermaßen trocken geworden bin, fahre ich weiter, inzwischen nur noch meine mit lila Känguruhmuster versehene Kurze und den Kompressionsstrumf tragend (wobei meine Haut inzwischen deutlich dunkler als der hautfarbene elastische Stoff ist). Bevor ich den Ort verlasse, schlappe ich noch in den Zielpunkt (ein Supermarktkette, die in Deutschland Plus heißt) und versorge mich mit einem Liter Milch und den schon erwähnten Bananen.




Entlang der Nordseite des Sees ist der Radweg wieder ohne Karte zu finden, zumal er meist der großen Autostraße folgt und nur gelegentlich ein paar, teils aber sehr merkwürdige und nicht immer optimal ausgeschilderte Haken schlägt. Ärgerlich finde ich nur, dass beim Überqueren von auf die Hauptstraße einmündenden Nebenstraßen einfach das Ende des Radwegs und direkt dahinter seine Fortsetzung erklärt wird. Das stellt offenbar eine Kapitulation gegenüber der Unachtsamkeit der Autofahrer dar, die bekanntlich beim Ein- bzw. Ausbiegen gern Radfahrer aufs Korn (bzw. die Motorhaube) nehmen. An besonders vielversprechenden Stellen (z.B. in Pörtschach) weiche ich auf die eigentlich nur Fußgängern vorbehaltene Uferpromenade aus, die mit wirklich hübschen Hotels, Alleebäumen, Blumenrabatten, Bänken, Stegen, etc. gespickt ist.




Etwa einen Kilometer vor Ende des Sees entdecke ich beim Fotostop eine ulkige Bar (mit Öffnungszeiten je nach Wetter) mit Tretbootverleih. Der Preis pro Stunde ist auch für Einzelbesetzung erträglich, und so komme ich sogar noch dazu, das Ufer aus ungewohnter Perspektive zu erkunden. Es gibt hier ne Menge Holzhäuschen mit Sonnenterrasse und Privatsteg, die bei diesem Wetter auch relativ gut bevölkert sind. Wobei ich die Idylle beim Vorbeifahren doch etwas störe, denn die Mechanik quietscht gewaltig. Ich bin nicht sicher, ob das an fehlendem Öl liegt, an der einseitigen Belastung (denn normal strampeln ja zwei Leute nebeneinander) oder meinem teilweise recht ambitionierten Hineintreten. Das hilft allerdings recht wenig (stattdessen kommen nur Spritzer durch kleine Löcher in der Ablage, so dass meine Sachen etwas nass werden), denn das Gerät ist einfach nicht für sportliche Fahrweise ausgelegt - und auch nicht für Leute über 1,60m Größe, so dass das Sitzen für mich eher unbequem ist. Die Leute am Ufer nehmen das Gequietsche glücklicherweise mit Humor, so dass sich zweimal ein nettes kleines Pläuschchen im Vorbeifahren ergibt. Weniger lustig finden es allerdings die Badegäste an den langen Stegen im Europapark am Ostende des Sees, dem Zielpunkt meines Ausflugs, dass ich versehentlich in die Schwimmerzone eindringe, was prompt mit deutlichem Aufruf zum Verlassen des gesperrten Gebiets quittiert wird. Klar mache ich sofort einen Rückzieher, und lasse es mir aber nicht nehmen, noch ganz in der Nähe selbst kurz ins kühle Nass zu tauchen und mir durch die vordere Öffnung im Bootsrumpf dessen schaufelraddampferähnliche Mechanik anzusehen. Da wundert mich nicht mehr, dass der Wirkungsgrad bei größerer Drehzahl rapide abnimmt. Auf der Rückfahrt bewundere und fotografiere ich noch ein paar Seerosen und komme pünktlich mit Ablauf einer Stunde an, wo mich der Bootsverleiher natürlich schon von Weitem kommen hört und mir zu erklären versucht, dass ein Einölen der Mechanik sogar kontraproduktiv wäre. Als ich kurz darauf mit dem Fahrrad am Europapark ankomme, wo ich eigentlich noch an den Strand wollte, ist der Nachmittag schon etwas fortgerückt, so dass ich nach kurzem Überlegen gleich weiter Richtung Hotel fahre, denn dort habe ich noch was vor.




Die junge Rezeptionistin hatte mir nämlich erzählt, dass ein paar hundert Meter nach dem Hotel ein Weg in den Wald zum Komponierhäuschen von Gustav Mahler führt, das von einem netten einarmigen Mann betreut und damit für Besichtigungen geöffnet ist. Mit diesem kulturellen Highlight möchte ich meine Reise ausklingen lassen. Die Abfahrtzeit meine Zuges etwas im Nacken, finde ich es unpraktisch, dass man den 15minütigen Fußweg nicht auch mit dem Fahrrad zurücklegen darf. Schon bevor ich loslaufe, kommt ein Mann, auf den die genannte Beschreibung passen könnte, auf den Parkplatz und fährt weg. Leider versäume ich, ihn anzusprechen, und als ich kurz darauf am Häuschen angekommen bin, muss ich feststellen, dass es nur bis 16 Uhr geöffnet ist, und inzwischen ist es 16:20 Uhr. Schade. So laufe ich schnell den etwas direkteren Forstweg zurück, hole mein im Hotel deponiertes Gepäck ab und radle auf dem Weg in die Innenstadt nochmal an der Uni vorbei, um mir dort noch die E-Mails der letzten 24 Stunden auf den Laptop zu ziehen. Leider ist aber die Security-Gruppe dort so vorbildlich, dass sie den für die Tagung eingerichteten WLAN-Gastzugang schon wieder gesperrt hat. Weiter Richtung Innenstadt kehre ich noch schnell beim Hofer (sprich: Aldi) ein und nehme noch was zum Trinken und Futtern für die Bahnfahrt mit. Zum Glück habe ich die Abgabestelle für das Fahrrad bei der Touri-Info am Neuen Platz schon gestern Nachmittag (um exakt die selbe Zeit) erkundet, so dass ich ohne weitere Umschweife dort ankomme. Ist auch dringend nötig, denn mit den Formalitäten für die Abgabe nach einer Einwegmiete ist das "frische" Personal am Stand noch nicht so vertraut und muss erst mal bei der Chefin Rückfrage halten. Inzwischen bleiben mit noch knapp 15 Minuten bis zur Abfahrt des Zuges. Als ich die Leute nach dem schnellsten Fußweg zum Bahnhof frage (okay, so ungefähr weiß ich ihn eh) empfehlen sie mir, doch vorsichtshalber mit dem Taxi zu fahren. Mir ein Taxi zu nehmen finde ich dann doch zu aufwendig und so trabe ich durchs Stadtzentrum, mit meinem eckigen kleinen Rucksack auf dem Rücken, der Laptoptasche auf einer Seite über der Schulter und einer Papiertasche des Kärntner Fremdenverkehrsverbandes in der anderen Hand. Unterwegs fragt mich ein kleiner Bub, warum ich es denn so eilig habe, und erkläre im Vorbeijoggen, dass "I no mein Zug dawischn wui". Das Ganze ging dann doch schneller als erwartet, und knapp 8 Minuten vor Abfahrt betrete ich den Bahnhof - na immerhin einen Vorteil hat die eigentlich unnötige Eile: ich kann noch gemütlich unter den besten Plätzen im Zug wählen. In einem Abteilwagen versucht sich eine junge Dame sichtbar leidend frische Luft zuzufächeln (offenbar ist die Klimaanlage dort defekt), so dass ich diesmal einen Großraumwagen nehme - und das obwohl ich sonst kein großer Fan von Klimaanlagen bin. Ich breite meine Habseligkeiten (zum Teil zum Trocknen vom Baden im See) auf einer Vierer-Sitzgruppe aus. Der Zug fährt an, und - dicke Regentropfen prasseln auf das Dach! Das nenne ich Timing! Wobei mir bis dahin gar nicht bewusst war, dass ich nur knapp dem Regen entkommen bin. Der ist aber auch ganz schnell wieder vorbei, und aus dem fahrenden Zug kann ich daher noch ein paar einigermaßen stimmungsvolle Schnappschüsse auf den See und die westlichen Karawanken machen. Dann fahre ich meinen Laptop hoch und verbringe die folgenden knapp fünf Stunden Zugfahrt damit, den ersten Teil dieses Berichts zu tippen. Als ich daheim unter die Dusche gehe, merke ich, dass ich mir doch glatt (was mir sehr selten passiert) im unteren Rückenbereich einen leichten Sonnenbrand zugezogen habe.


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